Neugeborene stillen – was Sie wissen sollten
Neugeborene Babys sind unfassbar zarte kleine Wunder. Ob sie 2,5 kg oder 4 kg wiegen, ob sie pünktlich zum Termin kamen, etwas zu früh oder deutlich später geboren wurden ist dabei ganz egal. In der Neugeborenen-Phase besteht der Alltag vor allem aus stillen, schlafen und kuscheln. Doch wie gelingt Stillen in diesen ersten Tagen? Wir haben die besten Tipps und Hinweise für Sie zusammengetragen.
Gleichzeitig möchten wir darauf aufmerksam machen, dass ein Ratgeber niemals eine Hebamme vor Ort ersetzen kann. Kümmern Sie sich frühzeitig um eine Nachsorgehebamme – vor allem, wenn es sich um Ihr erstes Kind handelt.
Alles neu bei Neugeborenen
Ob es Ihr erstes oder Ihr fünftes Kind ist – die Zeit mit einem neugeborenen Baby ist immer besonders. Dieser winzig kleine Mensch erfordert jetzt Ihre ganze Liebe und Aufmerksamkeit. Manchmal fühlen sich junge Mamas davon überwältigt. Aber denken Sie daran: Sie haben Ihr Baby in der Schwangerschaft wohl behütet und die Geburt überstanden. Jetzt ist eine neue, aufregende Etappe im Leben mit Kind an der Reihe und Sie werden Ihr Baby mit Muttermilch versorgen.
Vor allem in den ersten Lebenstagen sind Neugeborene auf intensive Fürsorge und viel Hautkontakt angewiesen. Ist Ihr Baby gesund und ist keine medizinisch bedingte Trennung notwendig? Dann steht einer intensiven Kuschelzeit im Wochenbett, bestehend aus reichlich Erholung und vielen Stillmahlzeiten, hoffentlich nichts im Wege. Wenn Sie sich eine der vielen Checklisten zur Erstausstattung Ihres Babys zur Vorbereitung angesehen haben, ist jetzt wahrscheinlich alles, was Sie benötigen daheim und wartet auf Sie.
Anlegen eines Säuglings nach der Geburt
Optimal wäre es, wenn Sie Ihr Neugeborenes in der ersten Stunde nach der Geburt zum ersten Mal anlegen können. Diese „goldene Stunde“ ist ein optimales Zeitfenster, um weitere hormonelle Vorgänge im Körper in Gang zu setzen. Oxytocin wird ausgeschüttet, was sich stabilisierend auf den mütterlichen Kreislauf auswirken kann und Sie auch beim Gebären der Nachgeburt (Plazenta) unterstützten kann.
Ist ein Anlegen gleich nach der Geburt aus medizinischen Gründen nicht möglich, kann es in den nächsten Stunden nachgeholt werden. Die „goldene Stunde“ erleichtert zwar den Stillstart, ist für eine gelungene Stillbeziehung aber keine absolute Notwendigkeit.
Wahrscheinlich werden Sie Ihr Baby zuerst im Sitzen anlegen. Lassen Sie sich von der Hebamme zeigen, wie Sie das Köpfchen stützen und Ihrem Baby beim Erfassen der Brustwarze helfen können. Für das Stillen nach einem Kaiserschnitt kann eine zurückgelehnte oder seitliche Position angenehmer sein. Holen Sie sich dazu Unterstützung durch das medizinische Fachpersonal vor Ort!
Wenn Sie sich beim Anlegen in einer Stillposition sicher fühlen, belassen Sie es ruhig dabei. Sie können auch in einigen Tagen oder Wochen noch ausprobieren, welche anderen Stillpositionen im Alltag praktikabel sind.
Auf der Wöchnerinnenstation können Sie die diensthabenden Hebammen und das medizinische Fachpersonal jedes Mal dazu bitten, wenn Sie Unterstützung beim Anlegen brauchen. Im Geburtshaus berät Sie Ihre Hebamme. Richtiges Anlegen vermeidet Schmerzen beim Stillen, erfordert aber etwas Übung. Auch später kann Ihre Nachsorgehebamme oder eine Stillberaterin zusätzlich unterstützen, wenn sich beim Stillen Schmerzen oder sogar wunde Brustwarzen zeigen sollten.
Typische Hungerzeichen Ihres Babys
Anfangs kann es ein bisschen schwierig sein zu entscheiden, ob Ihr Neugeborenes Hunger hat, der Bauch zwickt oder es zurück auf den Arm möchte.
Relativ sichere Zeichen für aufkommenden Hunger in steigender Dringlichkeit sind diese hier:
- aus dem Schlaf aufschrecken
- Augen öffnen
- Kopf hin- und herdrehen
- Zunge herausstrecken, schmatzen und gähnen
- gurrende Geräusche
- Lippen ablecken
- Fäustchen ablecken und daran saugen
- quengeln und leises jammern
- lauteres jammern und zappeln
- schreien
In den ersten Lebenswochen ist das Anlegen im Zweifel immer eine gute Strategie. Sollte Ihr Baby nicht stillen wollen, können Sie danach immer noch die Windel wechseln oder ganz einfach viel Hautkontakt und Nähe anbieten.
Anzahl der Stillmahlzeiten
In der frühen Neugeborenen-Phase sollten Sie Ihr Baby so oft wie möglich anlegen. 10- bis 12-Mal innerhalb von 24 Stunden sind optimal. Hat Ihr Baby öfter Hunger oder zeigt es ein großes Bedürfnis nach Nähe, dann kann das gern auch öfter sein. Die Stillmahlzeiten selbst sollten nicht zeitlich begrenzt sein. Manche Babys stillen beide Brustseiten, anderen genügt eine Seite um sofort satt zu sein.
Mindestabstände zwischen den Stillmahlzeiten sind unnötig.
Hautkontakt ist für Neugeborene sehr wichtig, es muss nicht alleine schlafen.
Häufige Stillmahlzeiten sind kein Zeichen für eine geringe Milchbildung, sondern in dieser Phase physiologisch normal, kurze Wach- und lange Schlafphasen ebenso.
Der Wechsel aus der sicheren und vertrauten Umgebung Ihres Bauchs heraus in die Welt ist eine große Umstellung. Viele Neugeborene sind in den ersten Lebenstagen müde und tun nichts anderes, als zu stillen und zu schlafen, um das zu verarbeiten.
Im Laufe der Zeit kann sich die Anzahl der Stillmahlzeiten etwas reduzieren, das geschieht aber erst in den folgenden Monaten. Wenn Sie nach Bedarf stillen, sind Sie auf der sicheren Seite:
- Sie legen nach Bedarf Ihres Neugeborenen an.
- Jede Stillmahlzeit dauert so lang, wie Ihr Baby eben braucht.
- Ihr Baby entscheidet, wann es satt ist oder genug hat.
In der späteren Säuglingszeit rücken der Bedarf der Mama und äußere Notwendigkeiten stärker in den Vordergrund. Dann legen Sie Ihr Baby vielleicht extra an, bevor Sie außer Haus müssen oder unterbrechen eine Stillmahlzeit kurz, um sich um Geschwisterkinder zu kümmern.
Ausscheidungen und Gewichtsentwicklung
Falls Sie unsicher sind, ob Ihr Baby gut versorgt ist, lohnt sich ein Blick in die Windel. Kolostrum ist optimal auf die Bedürfnisse Ihres Babys in den ersten Tagen zugeschnitten und unterstützt es dabei, das Mekonium (Kindspech) auszuscheiden.
Sobald der Milcheinschuss eintritt und die reife Muttermilch überwiegt, verändern sich Art und Häufigkeit der Ausscheidungen. Für eine gute Versorgung Ihres Babys spricht, wenn es regelmäßig für nasse Windeln sorgt.
LEBENSTAGE | AUSSCHEIDUNG (STUHL*)/TAG | AUSSCHEIDUNG (URIN)/TAG | GEWICHTSENTWICKLUNG |
TAG 1 | 1x oder mehr | 1x | Geburtsgewicht wird ermittelt |
klebrig | |||
schwarz-dunkelgrün | |||
TAG 2 | 2x oder mehr | mind. 1x | Gewichtsabnahme bis 7% vom Geburtsgewicht akzeptabel |
weniger klebrig | |||
dunkelgrünlich braun | |||
TAG 3 | 2x oder mehr | mind. 3x | Gewichtsabnahme bis 7% vom Geburtsgewicht akzeptabel |
aufgelockerter, nicht klebrig | |||
grünlich braun bis grünlich gelb | |||
TAG 4-28 | 2x oder mehr | mind. 5x | Erreichen des Geburtsgewichts bei Tag 10-14 optimal; spätestens nach 3 Wochen notwendig |
körnig/breiartig | 170 g bis 330 g/Woche Gewichtszunahme | ||
gelblich |
*Beim Stuhlgang gibt es individuell eine enorme Bandbreite. Das gilt für die Konsistenz, die Farbe und auch für die Häufigkeit. Wenn Sie unsicher sind, fragen Sie bei Ihrer Hebamme nach.
Das Geburtsgewicht wird in aller Regel noch im Kreißsaal ermittelt. Alle weiteren Messungen sollten engmaschig erfolgen. Ideal ist eine möglichst einheitliche Messung, beispielsweise
1. immer morgens nach dem ersten Stillen,
2. mit nacktem Baby,
3. mit der gleichen Waage.
So lassen sich Wiegefehler und damit Unregelmäßigkeiten in der Gewichtsermittlung vermeiden. Erfahren Sie mehr zu Größe und Gewicht von Babys.
Babys Stillverhalten verstehen
Vor allem unruhige Babys, die beim Anlegen viel zappeln, die Beinchen anziehen oder sich von der Brust abdrücken, können Mamas verunsichern. Ist es Hunger? Bekommt mein Baby genug Muttermilch? Fehlt ihm etwas? Ist es vielleicht zu warm oder zu kalt?
Unruhe beim Trinken
Unruhige Babys sind gar nicht so selten. Sie können hungrig sein oder müde, Bauchweh haben oder die Windel wurde gerade frisch vollgemacht. Wenn Ihr Liebling also beim Stillen sehr unruhig ist, lohnen sich folgende Überlegungen:
- Habe ich heute später als üblich angelegt, sodass mein Baby jetzt sehr hungrig ist und deshalb viel zappelt?
Falls ja: Erst beruhigen, dann nochmals anlegen. Oft hilft es, ein paar Schritte mit dem Neugeborenen durch die Wohnung zu laufen. Beim nächsten Mal versuchen Sie einfach, etwas früher anzulegen.
- Hat mein Kind gerade in die Windel gemacht?
Falls ja: Wechseln Sie die Windel ruhig sofort. Manche Babys nutzen auch lieber die Chance, sich auf dem Wickeltisch zu erleichtern, statt die Windel zu verwenden. Danach ist das Anlegen meist einfacher.
- Ist mein Baby müde oder sucht es Trost?
Falls ja: Vielleicht mag Ihr Baby sich an der Brust beruhigen, möchte aber nicht trinken. Diese Form des Beruhigungssaugens erfordert anfangs etwas Übung. Manche Babys verstehen das schnell, andere brauchen etwas länger. Alternativ hilft es vielleicht, Ihren Liebling in die Tragehilfe zu nehmen oder es auf dem Arm zu beruhigen.
- Muss es aufstoßen, weil es viel Luft schluckt?
Falls ja: Bewährt hat es sich, das Baby kurz über die Schulter zu legen bzw. aufzurichten. Sanftes Rückenstreicheln kann ebenso dabei helfen, das Bäuerchen zu machen. Probieren Sie das Stillen danach erneut.
Clusterfeeding
Ablegen ist unmöglich und vor allem abends möchte Ihr Baby ständig an die Brust? Dann handelt es sich möglicherweise um das sogenannte Clusterfeeding. Über einen längeren Zeitraum hinweg trinken Babys dann in kleinen Abständen, teils ohne überhaupt von der Brust abzudocken.
Das kann vor allem in den ersten Lebenswochen wirken, als hätte Ihr Liebling ständig Hunger und bekäme gar nicht genug. Genau genommen ordert es aber bei diesen abendlichen langen Stillmahlzeiten seinen Bedarf für den nächsten Tag.
Häufiges Aufwachen in der Nacht
Das Schlafverhalten von Babys unterscheidet sich anfangs spürbar von dem ihrer Eltern. Nach der Geburt benötigen Neugeborene erst einmal Zeit, um sich auf Tag und Nacht einzustellen. Deshalb sind sie teils nachts wach – und verschlafen den halben Tag. Zusätzlich wachen viele Babys nachts auf, um ihre Energiereserven wieder aufzufüllen und Nähe zu tanken. Häufiges nächtliches Stillen ist also zunächst ganz normal. Im Laufe der Monate reduziert sich das meist etwas, der Schlafrhythmus entwickelt sich ganz allmählich und die Schlafphasen werden länger.
Neugeborene Stillen nach Kaiserschnitt
Nach einem Kaiserschnitt ist der Stillstart oft etwas holprig. In vielen Kreißsälen ist es mittlerweile möglich, dass Sie Ihr Baby sofort auf die Brust gelegt bekommen. Das erste Anlegen muss dann oft trotzdem noch warten, bis Sie als Mama versorgt sind und Ihr Baby seine ersten Untersuchungen hinter sich hat.
Das erste Anlegen verzögert sich damit ein wenig. Dazu kommen die Schmerzen im Bereich der Bauchwunde und die Bewegungseinschränkungen, welche die ersten Tage mit Baby erschweren können.
Stillverträgliche Schmerzmedikamente und eine gute Betreuung durch Ihren Partner oder andere sorgende Angehörige sind eine wichtige Hilfe im Alltag mit Neugeborenem. Konzentrieren Sie sich ganz darauf, nach der Geburt und dem Kaiserschnitt zu heilen und Ihr Baby zu stillen. Alles andere inklusive Haushalt (!) kann warten.
Allen gesetzlich Versicherten steht eine Haushaltshilfe für die Zeit nach der Geburt zu, sofern der Gesundheitszustand das erfordert. Die nötigen Antragsdokumente können meist kurzfristig an den betreuenden Frauenarzt und die Krankenkasse geschickt werden. Die Haushaltshilfe übernimmt beispielsweise den Haushalt, kocht Essen oder betreut größere Geschwisterkinder. Lassen Sie sich von Ihrer Krankenkasse dazu beraten.
Frühchen oder Babys mit Erkrankungen stillen
Manchmal ist der Stillstart nicht nur holprig. Frühe und späte Frühchen können oft nicht direkt nach der Geburt angelegt werden. In diesem Fall können Sie, sobald Sie sich dazu in der Lage fühlen, mit der Hand oder einer Muttermilchpumpe die Milchproduktion anregen.
Optimal wäre ein Start der Maßnahmen zur Anregung der Milchproduktion innerhalb der ersten acht Stunden nach der Geburt. Haut-an-Haut-Kontakt mit Ihrem Baby hilft dabei, die hormonellen Veränderungen nach der Geburt zu unterstützen, beruhigt Ihr Neugeborenes und stärkt die Bindung zwischen Ihnen beiden. Oft kann das abgepumpte oder mit der Hand gewonnene Kolostrum Ihrem Frühchen direkt gegeben werden, über eine Spritze oder Sonde. Ist das nicht möglich, können Sie sie gegebenenfalls auch einfrieren und später verfüttern.
In babyfreundlich zertifizierten Krankenhäusern wird in aller Regel alles dafür getan, dass Sie Ihr Baby auch nach seiner Zeit auf der Neonatologie stillen können. Holen Sie sich frühzeitig Unterstützung durch eine medizinisch fortgebildete Stillberaterin (IBCLC), um die Milchproduktion bis zur Entlassung Ihres Neugeborenen aufrecht zu erhalten, wenn Sie stillen möchten.
Das tut jetzt gut – die besten Tipps
Tipps für die Mama
Nehmen Sie sich am besten gar nichts für die Neugeborenen-Zeit vor. Sie werden feststellen, dass zwischen Stillen und mit Baby auf der Brust schlafen sowieso nicht viel passieren kann. Vielleicht haben Sie vorab schon etwas Vorräte aufgestockt, gönnen sich jetzt Gesundes vom Lieferservice oder nehmen sich einige andere Stilltipps für die erste Zeit zu Herzen.
Schmerzen und Verspannungen können die erste Stillzeit beeinträchtigen. Bei Bedarf sind warme Duschen, sanfte Massagen vom Partner sowie etwas Nervennahrung empfehlenswert.
Vor allem beim zweiten und jedem nachfolgenden Kind machen sich beim Stillen die Nachwehen bemerkbar. Sie sorgen zwar dafür, dass sich Ihre Gebärmutter rasch zurückbildet, sind aber spürbar und können zum Teil sehr unangenehm werden. Wärme, eine bequeme Sitzposition und bei starken Schmerzen stillverträgliche Schmerzmittel, können hilfreich sein.
Tipps für den Papa
Was tun Sie, wenn Ihre Partnerin Ihr gemeinsames Kind stillt? Neben grundsätzlicher Unterstützung können Sie vor allem da sein. Bestärken Sie Ihre Partnerin in Ihrem Vorhaben, Ihr Neugeborenes anzulegen. Übernehmen Sie die Koordination von eventuellem Besuch oder sorgen Sie dafür, dass Wasser, Spucktücher und gesunde Snacks griffbereit in ihrer Nähe zu finden sind.
Wenn Sie das dringende Bedürfnis haben, noch mehr zu tun und sich stärker einzubringen: Wickeln, tragen, baden und ankleiden können Mamas und Papas nach etwas Übung gleich gut.
Ist Ihr Baby satt und zufrieden, bieten Sie sich als Schlafunterlage an. Babys lieben es, angekuschelt auf Mama oder Papa zu schlafen. Diese ersten Wochen mit Neugeborenem sind magisch und die Zeit, die Sie gemeinsam mit Ihrer kleinen Familie verbringen können, wird die Bindung zueinander noch verstärken.